UNSER SPLITBLOG IM MAI: WIE KI DIE CHEMIE REVOLUTIONIERT

Im Wonnemonat Mai befassen wir uns mit einem Themenvorschlag unseres „Teamlead Entwicklung“ Bartosz und der Frage, wie KI die Chemie verändern kann.

In unserem Alltag ist künstliche Intelligenz bereits fester Bestandteil in vielen Bereichen. Wir arbeiten mit Sprachmodellen und Chatbots und nutzen smarte Haushaltsgeräte. Welche ungeahnten Möglichkeiten sich durch den Einsatz von KI jedoch noch ergeben, ist uns oft nicht wirklich bewusst. Unser aktuelles Thema zeigt, dass die Anwendungsmöglichkeiten von KI jedoch weit über „nice to have“ Gadgets hinausgehen.

Wer sich mit der Vergabe des Nobelpreises interessiert, hat es vielleicht mitbekommen. Der Chemie-Nobelpreis des Jahres 2024 ging zur Hälfte an David Baker, zur anderen Hälfte an Demis Hassabis und John Jumper. Die Arbeit der drei befasst sich mit dem Design von Proteinen, sowie der Vorhersage derer Strukturen – mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.

Proteine sind biologische Makromoleküle, die aus Aminosäuren aufgebaut sind. Diese wiederum sind durch Peptidbindungen verknüpft. Proteine sind in jeder Zelle vorhanden und haben im menschlichen Körper verschiedenste lebenswichtige Funktionen. Sie dienen als Hormone, Signalstoffe, Antikörper und Gewebebausteine.

Der Aufbau von Proteinen kann in mehrere Ebenen unterteilt werden.

Primärstruktur: Dies ist die einfache Abfolge der Aminosäuren in der Kette. Jede Aminosäure hat eine spezifische Position, und diese Reihenfolge ist entscheidend für die Funktion des Proteins.

Sekundärstruktur: Hier falten sich die Aminosäureketten in regelmäßige Muster, wie Spiralen (Helices) oder gefaltete Blätter (Beta-Faltblätter). Diese Strukturen helfen, das Protein stabil zu halten.

Tertiärstruktur: Die gesamte Aminosäurekette faltet sich weiter zu einer komplexen dreidimensionalen Form. Diese Form ist entscheidend für die Funktion des Proteins, da sie bestimmt, wie das Protein mit anderen Molekülen interagiert.

Quartärstruktur: Einige Proteine bestehen aus mehreren Untereinheiten, die zusammen eine größere Struktur bilden. Diese Untereinheiten können sich zu einem funktionellen Komplex zusammenfügen.

Hassabis und Jumper ist es gelungen, ein Modell zur Vorhersage der Strukturen von Proteinen namens „AlphaFold2“ zu entwickeln. Beide arbeiten für die Google-Tochterfirma DeepMind. Mit dem Modell ist es möglich anhand der Aminosäureabfolge eines Proteins dessen dreidimensionale Struktur genau vorherzusagen. Dies war bisher nur mit dem aufwändigen Verfahren der Röntgenkristallographie möglich. Mit ihrer Hilfe wurde im Jahr 1953 die Doppelhelixstruktur der DNA entschlüsselt. Um eine Röntgenkristallographie vorzunehmen muss das betreffende Protein jedoch zunächst in kristalliner Form vorliegen. Durch „AlphaFold2“ kann die dreidimensionale Form eines Proteins nun also berechnet werden ohne dass eine Laboranalyse notwendig ist.

Wohl bemerkenswertester Bestandteil der Arbeit ist die Entwicklung einer vollkommen neuen Proteinart. Etwas, das bisher als annähernd unmöglich galt. Mit der unter Bakers Leitung bereits in den 90er Jahren entwickelten Software „Rosetta“ können mit Hilfe von „AlphaFold2“ nun erstmals völlig neue Proteine konstruiert werden. Es wird also möglich, Proteine mit speziellen Funktionen zu erzeugen. Diese könnten beispielsweise für die zielgerichtete Entwicklung von Medikamenten oder Impfstoffen genutzt werden. Auch die Erzeugung neuer Nanomaterialien ist denkbar.

Der Proteinforschung haben sich also durch KI völlig neue Möglichkeiten geöffnet, die unsere Zukunft entscheidend beeinflussen können.